Gisbert Bultmann
Rechtsanwalt & Notar a.D.
 

 Testamentsberatung durch Banken rechtswidrig

 

Erbrechtsberatung durch Banken - Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz - OLG Karlsruhe bestätigt LG Freiburg

Die klagende Rechtsanwaltskammer nimmt die Beklagte, eine deutsche Großbank, wegen eines Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz auf Unterlassung in Anspruch.


Eine Kundin der beklagten Bank wollte einen Teil ihres Vermögens auf ihren Sohn übertragen. Auf Anregung eines Filialmitarbeiters wurde vereinbart, dass ein Mitarbeiter der Zentrale der Beklagten, Herr X., ein Jurist, mit ihr die Verwaltung ihres Vermögens für den Fall ihres Todes besprechen solle. Nach dem Gespräch erstellte Herr X. einen Entwurf für ein Testament und eine Stiftungssatzung, beide Entwürfe leitete er einem Rechtsanwalt namens und im Auftrag der beklagten Bank zur Prüfung weiter, der sie nach Überprüfung der Kundin übersandte. Nach einem weiteren Gespräch mit der Kundin arbeitete Herr X. Barvermächtnisse in den Testamentsentwurf ein und modifizierte die Stiftungssatzung. Die neuen Entwürfe übersandte er ihr direkt.

 

Das Landgericht Freiburg hat darin einen Verstoß gegen Artikel 1 § 1 RBerG gesehen und die Beklagte verurteilt, es zu unterlassen, auf dem Gebiet des Erbrechts beratend und/oder rechtsbesorgend für Dritte tätig zu werden, indem sie in Fragen von Testamentser-richtungen inhaltlich berate, Testamentsentwürfe erstelle oder überarbeite, sowie Sat-zungen für Stiftungen erstelle.


Die Berufung der Beklagten zum Oberlandesgericht Karlsruhe - Senate in Freiburg - blieb ohne Erfolg.


Die Beklagte hat gegen Artikel 1 § 1 Abs. 1 RBerG verstoßen. Danach darf die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten einschließlich der Rechtsberatung geschäftsmäßig nur von Personen betrieben werden, denen dazu die Erlaubnis erteilt worden ist. Die Beklagte hat keine solche Erlaubnis. Die Erlaubnispflicht entfällt bei einer juristische Person auch dann nicht, wenn sie hierfür einen Voll-juristen beschäftigt. Während ein selbständiger Rechtsanwalt den Mandanten unabhängig berät, verfolgt der Angestellte einer Bank deren Interessen, z.B. bei einer erbrechtlichen Beratung, dass die Bank zur Testamentsvollstreckerin ernannt werden will.

 
Bei den Tätigkeiten des Herrn X. handelt es sich auch nicht um die Wahr-nehmung wirtschaftlicher Belange, sondern um Rechtsbesorgung. Zur Abgren-zung erlaubnisfreier Geschäftsbesorgung von erlaubnispflichtiger Rechts-besorgung ist auf den Kern und Schwerpunkt der Tätigkeit abzustellen, da heutzutage alle Lebensbereiche rechtlich durchdrungen sind und daher eine wirtschaftliche Betätigung kaum ohne rechtsgeschäftliches Handeln möglich ist oder ohne rechtliche Wirkung bleibt. Der Schwerpunkt der Tätigkeiten liegt hier auf rechtlichem Gebiet.

 

Die inhaltliche Beratung in Fragen der Testaments-errichtung dient der rechtlichen Umsetzung des Willens des Erblassers. Das ist kein wirtschaft-licher Vorgang, sondern Rechtsgestaltung. Jemand, der solche Dienst-leistungen in Anspruch nimmt, sucht den Dienstleister nicht wegen der Frage auf, wem er was zuwenden will, sondern vielmehr wegen dessen rechtlichen Sachverstands. Angesichts der Kompliziertheit der gesetzlichen Regelungen zum Erbrecht und der Vielfalt testamentarischer Gestaltungsmöglichkeiten werden hohe Anforderungen an die juristische Qualifikation des Dienstleisters gestellt.

 
Die rechtsberatende bzw. rechtsbesorgende Tätigkeit der Beklagten wird durch die Übersendung der Entwürfe des Testaments und der Stiftungssatzung an einen Rechtsanwalt nicht zu einer Rechtsberatung dieses Rechtsanwaltes gegenüber der Kundin. Beratung und Erstellung der Entwürfe einerseits und rechtliche Prüfung andererseits sind zwei unterschiedliche, jeweils unter das Rechtsberatungsgesetz fallende Dienstleistungen.

 

Indem Herr X. den Willen der Kundin ermittelte und auf dieser Grundlage einen Testamentsentwurf fertigte, determinierte er die vorzunehmende Rechtsgestaltung. Die nach-folgende rechtliche Prüfung konnte nur einer Fehlerkontrolle dienen, denn der Rechtsanwalt musste sich auf die Angaben von Herrn X. zu den persönlichen Verhältnissen und den Gestaltungswünschen der Kundin verlassen.

 
Die rechtsbesorgenden Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Testaments-errichtung sind auch nicht deshalb zulässig, weil die Beklagte damit für ihre Kunden rechtliche Angelegenheiten erledigt hätte, die in unmittelbarem Zusammenhang mit einem Geschäft ihres Gewerbetriebes stünden. Die erbrechtliche Beratung und die Errichtung und Überarbeitung von Testaments-entwürfen haben mit Bankgeschäften nichts zu tun. Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass sie ihren Kunden erlaubterweise Testamentsvollstreckungen anbietet.

 

Denn weder die erbrechtliche Beratung noch die Erstellung von Testamentsentwürfen sind mit der Testamentsvollstreckung einhergehende Nebenleistungen. Um die Testamentsvollstreckung sachgerecht durch-zuführen, bedarf es keiner Beteiligung des Testamentsvollstreckers an der Er-richtung des Testaments.

 
Verfassungsrechtliche Bedenken, der Beklagten die genannten Mitwirkungshandlungen bei der Testamentserrichtung zu untersagen, bestehen nicht.

 
Eine andere Betrachtung ist auch nicht dadurch geboten, dass ein Regierungs-entwurf für ein neues Rechtsdienstleistungsgesetz vorliegt, das das Rechts-beratungsgesetz ersetzen soll, denn der Rechtsstreit ist auf der Grundlage des geltenden Rechts zu entscheiden.

 
Der Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz begründet einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch.

 

Die Revision wurde nicht zugelassen.

 

Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 09.11.2006 - 4 U 174/05 -





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